Dreh- und Angelpunkt ist der Hafen. Leuchtturm und steinerner Löwe zieren erhaben das nur wenige Meter breite Tor zum Schwäbischen Meer. Links und rechts schützt eine Mauer die angelegten und vertäuten Wasserfahrzeuge. Yachten und Jollen liegen friedfertig nebeneinander am Steg, und auf so manchem Boot genießen deren Eigner das Hier und Jetzt auf angenehmste Weise. Es ist Mitte Juni, das Wetter kann besser nicht sein, und die Ferienzeit der Republik beginnt in wenigen Tagen. Schon jetzt mangelt es aber keinesfalls an Besuchern. Bus- und Schiffsweise werden schon am Vormittag Tagestouristen gebracht und wieder weggefahren. Manche bleiben nur wenige Stunden, andere nehmen sich mehr Zeit, die Stadt im und am Bodensee kennen zu lernen.
Dass der Hafen ein beliebter Tummelplatz und Treffpunkt ist, liegt auch daran, dass der Bahnhof direkt daneben steht, und selbst die Touristenbusse ihre Insassen direkt am Kai von Bord lassen. Welch infrastrukturelles Optimum!
Bei solch einem Gästeaufkommen wundert es nicht, dass in Sachen Gastronomievielfalt die Inselstadt keinerlei Mangelerscheinungen zeigt. Und besonders im Hafen reihen sich Hotels, Restaurants und Cafés mit mächtiger Außengastronomie aneinander, stets bemüht, mit allen nur möglichen (leckeren) Mitteln massiv gegen aufkommenden Hunger und Durst anzutreten. Und nicht nur die Gastronomen kümmern sich gern um die Lindau-Besucher, auch die heimischen Spatzen scharen sich im Sinne des Wortes um die Ankömmlinge. Ein beeindruckendes Beispiel lieferte ein junges Pärchen, als es sich auf eine Bank am Hafen setzte und die belegten Brötchen auspackte. Kaum raschelte das Papier, sortierten sich mehrere Dutzend Spatzen um die Füße der Beiden. Der Blick der Vögel war strikt auf das zu erwartende Futter gerichtet und die Bereitschaft, Krumen und Brösel abzufangen, ungebrochen. Selbst vorbeikommende Fußgänger schafften es nicht, die Konzentration des Federviehs länger als Sekundenbruchteile zu stören. Mit einem kurzen Satz wird den daher Schreitenden ausgewichen, um sich gleich wieder günstig zu platzieren. Erst als das Paar sich aufmachte und den Platz verließ, wechselten auch die Spatzen ihren Standort.
Eine der schönsten Urlaubsbeschäftigungen ist es doch, sich mit einem griffbereiten, leckeren Getränk dem Beobachten seiner Mitmenschen hinzugeben. Die Lindauer Seepromenade ist dafür der geeignete Ort. Und glauben Sie es einfach: Bei der Besucherfrequenz, die vorherrscht, wird dem Schauenden so schnell nicht langweilig. Menschen aus aller Herren Länder tummeln sich hier. Sie stellen sich in eine Reihe, um auf einen Ausflugsdampfer zu kommen, interessieren sich für die Künstler und Händler, die ihr Schaffen und ihre Werke auf dem asphaltierten Platz zeigen, besorgen sich einen Imbiss oder nehmen auf einem der vielen Bistrostühle Platz, um sich ein Päuschen zu gönnen. Dem bunten Treiben zu zuschauen ist Kurzweil und Entspannung pur.
Als Lindau verstehen Touristen natürlich in erster Linie die stark verkehrsberuhigte Insel im Bodensee. Einzig zwei Brücken stellen die Verbindung zum Festland her. Da die Insel gerade mal etwas mehr als einen Kilometer lang und ca. 600 Meter breit ist, kann man sich ohne Verkehrsmittel per Pedes aufmachen, die Inselstadt kennen zu lernen. Und da knapp die Hälfte der Straßen und Wege Fußgängerzonen sind, bleiben sowieso wenig Fortbewegungsalternativen.
Eines der bemerkenswertesten und auffälligsten Bauten ist das Alte Rathaus. Die aufwändige und detailreiche Fassadenmalerei erzählt von der Lindauer Geschichte. Im Haus selbst ist das Stadtarchiv mit einigen beachtlichen kunsthistorischen Kostbarkeiten und Dokumenten untergebracht. Genutzt wird der 1422 - 1436 erstellte Bau zudem für Kunstausstellungen und Kulturveranstaltungen.
Auf dem Reichsplatz, sozusagen hinter dem Alten Rathaus, symbolisiert der Lindavia- Brunnen (1884) mit seinen vier Statuen die damaligen Haupteinnahmequellen (Acker-, Weinwirtschaft, Fischerei und Schifffahrt) der Stadt. Über die schmucke Maximilianstraße und Cramergasse gelangt man ans Haus zum Cavazzen, welches das Stadtmuseum beherbergt. Eine Besonderheit ist die Sammlung mechanischer Musikinstrumente. Übrigens gilt das Gebäude als schönstes Bürgerhaus am Bodensee. Da die Stadtinsel über sehr viel historisch Sehenswertes und Interessantes verfügt, empfehlen wir den Besuch der Touristinformation in der Ludwigstraße gegenüber dem Bahnhof. Die freundlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennen ihre Stadt in- und auswändig und helfen gern. Stadtführungen sind sehr kurzweilig und informativ.
Etwas weniger Besuchertrubel herrscht am nördlichen Ufer der Insel. Der breite Grüngürtel, der sich vom Eisenbahndamm bis zur Spielbank mit seinen Schatten spendenden Bäumen und Sitzmöglichkeiten mit Blick auf das Festland erstreckt, lädt zur ruhigeren Gangart und Muße. Auf dem großen Spielplatz können die Kleinen herrlich toben, Verliebte finden im gemieteten Tret- oder Ruderboot die gewünschte Einsamkeit auf dem See, und auch die vierbeinige Begleitung kann hier ohne Hektik ausgeführt werden.
Tief im Osten der Insel liegt die Bayerische Spielbank. Roulette, Black Jack, eine mimenarme Pokerrunde oder Zocken am Automat können einem die Lindauer Nächte bereichern (oder umgekehrt). Schon ab 12 Uhr lädt das Casino-Restaurant Max mit üppiger Außengastronomie zum kulinarischen Vergnügen ein.
Schlendert man am Ostufer weiter Richtung Süden, gelangt man in die Fischergasse. Das malerische Gässchen ist sozusagen eine der Kreativ- Kultur-Adern der Insel. An deren Ende liegt die Theater- und Marionettenoper. In den Geschäften davor gibt es Einiges an Kunsthandwerk zu sehen, wie beispielsweise die Filzmanufaktur von Andrea Wiggenhauser oder Herrn Mandzukic’s „Licht aus Form“-Werkstatt, in der Leuchtenunikate hergestellt werden.
Eine ganz kleine, unscheinbare Gasse zwischen den beiden Läden führt über die Gerberschanze zum Gustav- Röhl-Uferweg. Die Gerberschanze gewährt direkten, barrierefreien Zugang zum See. Dieses Fleckchen Lindauer Strand wird gern genutzt, um mal die Füße ins Nass zu halten und den Hunden Abkühlung zu verschaffen.
Geht man den Weg weiter, gelangt man über den Segelhafen wieder zur Promenade. Spätestens jetzt, nach einer halben Stadtbesichtigung, wird üblicherweise das Verlangen nach einer Stärkung spürbar. Ganz gleich, ob nach Kaffee und Kuchen, einem echten Mittagessen oder einer deftigen Brotzeit, die gebotene Auswahl der Restaurants lässt keine Wünsche offen. (Da es unmöglich war, während unseres Besuchs auch nur einen Teil der beachtlichen Anzahl von Gaststätten zu besuchen, sehen wir von einer Empfehlung ab)
Der westliche Teil Lindaus wird von der Gleisanlage und dem dazugehörenden Bahnhof getrennt. Die über die Grenzen hinweg bekannte Bodenseeklinik von Prof. Dr. Mang beschäftigt sich intensiv und hauptsächlich mit der (noch machbaren) Schönheit von Mann und Frau. Schön ist es aber auch, den Abend auf diesem Teil der Insel zu erleben. Farbintensiver Sonnenuntergang über dem See, Spaziergänger und Gruppen, die die Abendstunden genießen und eine Ruhe, die dazu einlädt, mal die Seele baumeln zu lassen. Auch das leise abdämmernde Lindau versteht es, wie man nachhaltig seine Gäste beeindruckt.
Tagsüber allerdings herrscht hier deutlich mehr Betriebsamkeit. Den Parkplatz Nummer Fünf nutzen meist Einheimische und Pendler, Parkplatz Nummer Vier, zwischen Inselhalle und Stadtgarten fahren auch Besucher an. Wohnmobile und Gespanne haben auf der Insel keine Verkehrsberechtigung. Diese sollen nach Wünschen der Stadtväter den Parkplatz Eins an der Reutiner Straße ansteuern, der zugleich für eine Nacht gegen Gebühr als Stellplatz genutzt werden darf. Eine Busverbindung sorgt dafür, dass man ohne Mühen in Lindau mit öffentlichen Verkehrsmitteln pendeln kann. Die städtische Insel ist übrigens gut einen Kilometer vom Stellplatz entfernt.
Gut zwei Kilometer östlich der Seebrücke liegt das Strandbad Eichwald. Schon an der Kasse überkommt einen das Flair der guten alten Zeit. Ein üppiger Holzbau mit Wechselkabinen (Umkleiden), großzügigem Kantinenbereich, Pool und natürlich freien Blick auf den See samt Insel. Die akkurat gemähte Liegewiese vervollständigt die Idylle. Ganz hinten auf dem Gelände ist die Surfschule Kreitmeir, die auch Gruppenfloßfahrten veranstaltet (mehr zum Thema Surfen im f reizeitguide aktiv Ausgabe Mai 08).
Echte Grenznähe in Sachen Camping bietet das Park-Camping Lindau am See. Nur wenige Meter trennen den Campingplatz von Österreich. Der Platz wurde 1999 komplett renoviert, hat dabei aber seinen natürlichen Charakter nicht verloren. Bemerkenswert ist der direkte Seezugang und der vorgelagerte Stellplatz für Wohnmobile.
Der Campingpark Gitzenweiler Hof, übrigens Mitglied der LeadingCampings- Gruppe, liegt gut erreichbar rund vier Kilometer im Lindauer Hinterland. Der Fünf-Sterne-Platz präsentiert seinen Gästen, die mit dem Reisemobil anreisen, gleich drei verschiedene Stellplatzkategorien. Ob als Basislager für ausführliche Umgebungserkundung oder als Feriendomnizil mit Rundumversorgung, der Gitzenweiler Hof bietet jede Menge Service und Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung.
Aktive und Sportler, die gern auf einen kleinen weißen Ball dreschen, und mit weißen Elektroautos über ordentlich gemähte Rasen fahren, finden im Lindauer Norden gleich zwei 18-Loch-Plätze: den vom Golf-Club Lindau-Bad Schachen und den des Golfclub Bodensee Weißensberg.
Übrigens das gesamte Lindauer Umland lädt zu Freizeitaktivitäten ein. Spazieren, Wandern, Radfahren, Nordic Walking, Marathon-Lauf im Oktober, Inlinern und natürlich die vielfältigsten Wassersportarten können hier in vollen Zügen betrieben und genossen werden. Und wer ganz hoch hinaus will, hat es nicht weit, um alpine Regionen zu erreichen. Noch ein Wort zum Thema Fahrradfahren. Wer keinen Drahtesel im Gepäck hat, kann sich ein solches Gefährt leihen. Einen besonderen Service bietet hier Unger’s Fahrradverleih, der die Räder gar zum Stellplatz, Campingplatz etc. bringt und auch, wenn gewünscht, dort wieder abholt.
Ein weiterer besuchenswerter Ort in Lindau, genauer gesagt im Ortsteil Bad Schachen, ist der Lindenhofpark, eine kleine, äußerst feine Parkanlage mit Badeanstalt und Museum. Friedens- Räume nennt sich das Museum, das von der Gruppe Pax Christi unterhalten wird. Schon allein das liebevoll restaurierte Gebäude ist einen Besuch wert. Eine der Attraktionen ist die Wasserspringschale, eine Nachbildung einer Bronzeschale aus der Ming-Zeit (1368 — 1644). Wer mit nassen Händen über die Bügel reibt, bringt das Wasser darin zum Springen. Übrigens formt sich die Wasseroberfläche und das Tropfenbild in der Schale immer individuell.
Dass die Lebensqualität im Bodenseeraum ausgesprochen hoch ist, hat kürzlich eine Studie bestätigt. Das milde Klima der Region, die vielfältigen Freizeitmöglichkeiten, das vergleichsweise übersichtliche Industrieaufkommen und der hohe Anteil an Landwirtschaft sind sicherlich prägende Faktoren für das gute Ergebnis. Aber auch die Küche trägt ihren Teil zum Wohlbefinden bei. Die Güte der Nahrungsmittel ist am Bodensee so viel steht fest, überdurchschnittlich hoch, dazu kommt noch die alemannisch-bayrisch- schwäbische Zubereitungskunst.
Dem Tipp eines älteren Ehepaares nach Bodolz folgend, servierte der Ober des Gasthauses Koeberle einen Zwiebelrostbraten mit Spätzle und Salat in einem Pfännchen. Kurz gesagt: Ein sprichwörtlicher Genuss mit hohem Sättigungsgrad für rund 13 Euro. Weiterer Vorteil des Gasthauses sind die opulenten Parkmöglichkeiten, die auch das Abstellen eines Reisefahrzeugs bequem zulassen.
Allgegenwärtig ist in der Region der Obstanbau, in dem milden Klima gedeihen zudem Reben ganz gut, was das erhöhte Winzeraufkommen erklärt. Aber auch Brauereien verstehen es, ein köstliches und geistreiches Nass herzustellen. Kurz gesagt: Um das leibliche Wohl muss man sich am Bodensee nicht sorgen.
Die Stadt Lindau verfügt über eine besondere Gabe: Trotz des über Jahrzehnte hinweg andauernden, mächtigen Besucheraufkommens hat es seine Eigenständigkeit bewahrt, empfängt seine Besucher herzlich, bietet viel an Historie, Kultur, Genuss und Freizeit. Lindau kann sowohl Ziel wie auch Ausgangspunkt einer Reise sein, und dass bei jeder Jahreszeit. Dazu Filzerin Wiggenhausers Tipp: „Kommen sie doch mal im Winter, dann ist es deutlich ruhiger, aber auch sehr schön.“
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Dieser Artikel wird zur Verfügung gestellt von freizeitguide aktiv und ist dort erschienen in der Ausgabe September 2008. Bild/Text: Hans König